Manguinhos ist aus mehreren Gründen ein hartes Pflaster. Der in Rio de Janeiros Norden gelegene Komplex mehrerer zusammengewachsener Favelas ist dominiert von Drogendealern und -gangs, die das tägliche Leben dort kontrollieren. Jungen beginnen oft bereits im Alter von zwölf Jahren, für diese Banden zu arbeiten. Sie kommen nicht selten bei Schießereien ums Leben, ehe sie die Volljährigkeit erreichen.
Ein Lichtblick, dass es Ausstiegsmöglichkeiten gibt. Direkt am Ort. Einer dieser Orte in Rio de Janeiro ist ein riesenhaftes Gefüge von Hochbeeten inmitten zusammengezimmerter Unterkünfte, Stromtrassen und enger Gassen, zentral in in Manguinhos gelegen. Da unter den Hochspannungsleitungen Baugrund nicht zur Verfügung stand, lag die Fläche lange Zeit brach und diente unter Anderem als öffentlicher Drogenumschlagplatz. 2013 kam der Wandel und der öffentliche Garten in der Größe von vier Fußballfeldern wurde angelegt. Horta Manguinhos entstand.
Die Hortas Cariocas: Urban Farming in Favelas
Bereits seit 2006 fördert Rios Stadtverwaltung Flächen wie diese, die zugunsten der Bevölkerung der Favelas renaturiert und bepflanzt werden sollen – von den Anwohner:innen selbst. Diese öffentlichen Gärten heißen Hortas Cariocas – wörtlich etwa „Gärten der Einwohner:innen Rio de Janeiros“.
Überwiegend alte Menschen, Alleinerziehende und Aussteiger:innen aus dem Drogenmilieu finden dort Beschäftigung. Sie erhalten die Möglichkeit, sich einzubringen, etwas dazuzuverdienen und sind zudem mit frischem Obst und Gemüse versorgt. Darüberhinaus wird auf chemische Dünger und Toxine verzichtet, was die Ernte gesünder und wohlschmeckender gedeihen lässt als die lokale Supermarktware.
Eine Hälfte der Erträge geht an die Ärmsten der Armen im Viertel sowie an Schulen und Kindergärten, Obdachlosenheime und die Menschen, die in den Gärten aktiv sind. Die andere Hälfte wird auf Märkten verkauft, um einerseits Einnahmen für die urbanen Gärtner:innen zu generieren und andererseits die Projekte zu erhalten.
Selbstwirksamkeit und Rettung während der Pandemie
Dabei ist urbanes Gärtnern in Rio de Janeiro nichts Neues. Bis in die 1950er Jahre hinein war es nichts Ungewöhnliches, sich in der Stadt selbst zu versorgen. Doch mit dem Ausbau zur Metropole breiteten sich Flächenversiegelung und Verdrängung aus.
Spätestens in pandemischen Zeiten konnten die Hortas Cariocas, mittlerweile 49 an der Zahl, dazu beitragen, unzählige Menschen, die coronabedingt Jobs und Zuversicht verloren haben und nach wenigen Monaten staatlicher Hilfszahlungen nichts mehr hatten, nahrhaft und kostenfrei zu versorgen.
Ein echtes #tageswow.
Quellen und weiterführende Links:
https://www.greenpeace.ch/de/hintergrund/70765/die-gruene-oase-der-favela/
https://sustainabledevelopment.un.org/partnership/?p=36763
http://www.rio.rj.gov.br/web/smac/hortas-cariocas
https://www.spiegel.de/ausland/urban-farming-in-brasiliens-favelas-dieser-garten-rettet-leben-a-25324fc8-6ecd-48d6-bc1a-d4ce5fae5d6c
Bildquelle: © Ian Cheibub